Geschichte der Oberwiesenthaler Schwebebahn

Inhaltsverzeichnis:


Idee und Anfänge

Schon 1899 gab es erste Gedanken an eine Erschließung des 1.214 m hohen Fichtelberges von Oberwiesenthal (915 m) aus, damals allerdings als Standseilbahn aber dieses Vorhaben wurde erstmal nicht weiter verfolgt. 1912 wurde dann ein Projekt zum Bau einer Pendelbahn durch die Firma Adolf Bleichert aus Leipzig (später, nach Zusammenschluss mit Pohlig und Heckel als PHB agierend, Erbauer vieler Pendelbahnen) ausgearbeitet, welches jedoch zuerst nicht verwirklicht wurde - auch durch Ausbruch und Folgen des 1. Weltkrieges.
Im Jahre 1924 gründeten einige Oberwiesenthaler Hotelbesitzer die "Sport- und Schwebebahn-Verkehrs-Aktiengesellschaft" SUSVAG mit dem Ziel, durch den Bau einer Seilbahn den Fremdenverkehr und somit auch ihren eigenen Umsatz zu steigern.


Der Bau im Jahre 1924

Nach der Gründung der SUSVAG am 6. August 1924 wurden Angebote von Bleichert sowie der Firma ATG ("Allgemeine Transportanlagen-Gesellschaft mbH Maschinenfabrik Leipzig) eingeholt. Aufgrund des niedrigeren Preises entschied man sich für das Bahnprojekt der ATG, mit nur 5 Stützen anstelle der 6 Stützen von Bleichert. Den Auftrag zur Errichtung der Stützenfundamente sowie der Stationsgebäude erhielt die Firma Gustav Richter AG aus Plauen, die elektrische Ausrüstung lieferten die Siemens-Schuckert-Werke aus Berlin.
Am 1. September begann der Bau und schon am 21. Dezember sollte die Eröffnung der neuen Seilbahn erfolgen, jedoch war die Bahn noch nicht endgültig abgenommen und so fuhr man zu Demonstrationszwecken nur 20 m aus den Stationen heraus, um wenigstens die angekündigte Feier und den erwarteten Gästen nicht ganz absagen zu müssen. Erst am 29. Dezember 1924 erfolgte die offizielle Betriebsgenehmigung, wenn auch der Betrieb bereits einen Tag zuvor durch die SUSVAG aufgenommen wurde!


Schwieriger Betrieb bis 1927

Der Bau der Seilbahn hatte 354.000 Reichsmark gekostet und trotz guter Besucherzahlen kam der Betreiber SUSVAG immer mehr in finanzielle Nöte. Da man das günstigere Projekt der ATG gewählt hatte, konnte nicht das pendelbahntechnisch bessere Patent von Bleichert-Zuegg angewandt werden und die stattdessen verwendeten doppelten Zugseile erforderten besonders im Maschinenraum der Bergstation eine komplizierte Seilführung. Die Tragseile waren aus jeweils 5 Seilabschnitten zusammengefügt und unterlagen somit, wie die Zugseile, einem sehr hohen Verschleiß.
Als im August 1927 schon zum zweiten Mal die Zugseile erneuert werden mussten, entschloss sich die SUSVAG zu einer Begutachtung der Bahn durch einen Gutachter der Firma Bleichert. Jedoch war die Umsetzung der technischen Verbesserungen, hauptsächlich die Seilführung betreffend, eine weitere schwere finanzielle Belastung für den Betreiber.


Zeit der Weltwirtschaftskrise und des 2. Weltkrieges

Bau und Instandhaltung der Fichtelberg-Schwebebahn waren bereits teurer als geplant, aber zusätzlich setzten nun auch rückläufige Fahrgastzahlen der SUSVAG schwer zu, ab 1929 wurde jeweils im Frühjahr und Herbst der Bahnbetrieb aus Kostengründen gar komplett eingestellt! Um zusätzlich Strom zu sparen, wurde 1932 ein Junkers-Dieselmotor mitsamt Generator als Stromerzeuger für den elektrischen Antrieb angeschafft und 1934 in Betrieb genommen. "Warum so spät?", mag man fragen - es war wieder der Geldmangel, welcher die Montage zwei Jahre dauern ließ... und die Anlage letztendlich doch wieder an den Hersteller zurückging aufgrund hohem Zahlungsrückstand.
Folglich war es wenig überraschend, als die SUSVAG am 22. August 1934 Konkurs anmelden musste und somit auch ein möglicher Abriss der ersten Pendelbahn Deutschlands erstmals im Raume stand. Doch der zu geringe Wert der Anlage führte zu der Entscheidung, den Betrieb unter einem Insolvenzverwalter und dem nun neuen Unternehmensnamen "Fichtelberg-Schwebebahn" (ab 1935) fortzuführen. 1936 wurde das Unternehmen zwangsversteigert und einer der bisherigen Hauptaktionäre der SUSVAG, Küttner, konnte es günstig erwerben.

Der Kaufzeitpunkt war genau richtig, denn die Fahrgastzahlen nahmen zu dem Zeitpunkt bereits zu und machten so die Bahn langsam rentabel. Auch der Kriegsausbruch verursachte kaum einen Rückgang, da Oberwiesenthal von Kämpfen überwiegend "verschont" blieb und desweiteren als Erholungs- sowie Kurort diente.
Ganz spurlos war der 2. Weltkrieg aber dennoch nicht an der Seilbahn vorübergegangen, da Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten kriegsbedingt auf das mindestmögliche Maß beschränkt wurden. Somit musste die Pendelbahn, welche nach der Enteignung Küttners nun unter der Verwaltung der Stadt Oberwiesenthal stand, 1948 zunächst stillgelegt werden.


Die "Wiederkehr" 1956 und die folgenden Umbauten

Um den Tourismus zu bestärken und die Trainingsmöglichkeiten für alpine Leistungssportler zu verbessern, stellte die Regierung der DDR alsbald Fördergelder für die Wiederinbetriebnahme der Fichtelberg-Schwebebahn zur Verfügung. Nach Beginn der Arbeiten am 1. August 1955, durch den VEB VTA ("Verlade- und Transportanlagen") Leipzig, konnte die Bahn am 17. Februar 1956 in den Planbetrieb zurückkehren und erfreute sich sofort großer Beliebtheit!
Somit war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die nächsten Umbaumaßnahmen zur Kapazitätssteigerung anstanden um den Ansturm weiterhin bewältigen zu können.
1962 wurde unter anderem ein neuer elektrischer Hauptantrieb mit Ward-Leonard-Umformersatz und halbautomatischer Steuerung eingebaut sowie die Fahrgeschwindigkeit erhöht. Die doppelten Zug- und Gegenseile fielen zugunsten von nur noch je einem Zug- und Gegenseil weg und somit vereinfachte sich auch die Seilführung in den Stationen.
1965/'66 folgten einige Umbauten an der Talstation und 1969 führte der tschechische Betrieb "Tramontaz Chrudim" eine Generalreparatur durch.


Die letzte große, aber auch markanteste Veränderung

Da die Beliebtheit der Oberwiesenthaler Schwebebahn immer weiter stieg, beauftragte man ab 1982 ein polnisches Planungsbüro aus Krakau zur Ausarbeitung eines Umbauprojektes. Dazu musste der Betrieb vom März 1985 bis Juni 1987 eingestellt werden.
Es wurde die gesamte Antriebsanlage mitsamt Steuerung ersetzt und die beiden Wagen renoviert. Ebenso wurde die Verankerung der Tragseile in der Bergstation geändert, sodass diese nun alle paar Jahre nachgelassen ("verschieben" von verschleißintensiven Auflageflächen, bspw. an den Stützen) werden können und somit ihre Gesamtlebensdauer erhöht wird.

Die jedoch für den Betrachter markanteste weil äußerliche Änderung, welche der Bahn ihr heutiges charakterliches Aussehen verleiht, betraf die Stützen. Deren Anzahl auf der Strecke wurde von 5 auf 3 reduziert , aber dafür die in den Stationen befindlichen Stützen (als "Binder" bezeichnet) etwas herausversetzt und neu als Stütze Nr. 1 bzw. Nr. 5 errichtet. Waren die Vorgänger noch in Fachwerkbauweise ausgeführt, so bestanden die neuen Stützen aus einer Stahlkastenkonstruktion und fallen somit nicht nur durch diese mittlerweile im Pendelbahnbereich eher seltene Bauform auf, sondern auch insbesondere durch ihren gelben Anstrich mit farblich abgesetzten schwarzen Seilsätteln. Somit verleihen sie seitdem der Fichtelberg-Schwebebahn ihre aktuell bekannte, für den Betrachter schon von weither erkennbare, einzigartige Optik!


Wendezeit und Betrieb bis zur Gegenwart

Nach der Deutschen Wiedervereinigung wurde aus dem volkseigenem Betrieb ("VEB") der Fichtelberg-Schwebebahn ein kommunaler Betrieb der Stadt Oberwiesenthal. 1996 wurde eine GmbH gegründet, an welche die technischen Anlagen sowie dazugehörigen Grundstücke übertragen wurden und auch die Führung des Seilbahnbetriebes. 1999 gingen die seit der Wende überwiegend sinkenden Beförderungszahlen nochmals zurück, da eine parallel verlaufende Vierer-Sesselbahn in Betrieb genommen wurde.
Aus technischer Sicht änderte sich in dieser Zeit nicht viel, 1995 wurden die zwei Wagen generalüberholt und die Tragseile versetzt. Vier Jahre später folgte eine Aufarbeitung der Holzkonstruktion und des Daches der Bergstation.

Als die Bahn 2004 ihr 80-jähriges Jubiläum feiern konnte, hatte sie in ihrer langen und wechselvollen Geschichte insgesamt über 25 Millionen Fahrgäste unfallfrei transportiert! Als 2011 der geplante Abriss und Neubau als Kabinenumlaufbahn letztendlich scheiterte, steht nun eine umfangreiche Modernisierung der Anlage bevor.

 

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Quellen zur Betriebsgeschichte:
"Seilbahnen der DDR" von Mario Schatz, transpress-Verlag sowie Broschüre "80 Jahre Fichtelberg-Schwebebahn" der FSB GmbH
Ausarbeitung, Formulierung und verfasster Text zur aktuellen Situation: P.T./"www.trittkopfbahn.de"

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